Kaiser, Feuer und Holz

Wir erinnern uns: Kaiser Maximilian flüchtet hin und wieder aus seinem Grab in Wr. Neustadt (O-Ton: „Dort in der MILAK ist es halt ein bisserl langweilig“) und fährt gerne mit einer Stretch-Limousine nach Augsburg zum Bundesligafußball. Dabei fährt er oft durch Vöcklabruck: „Das muß ich tun, weil die Wappen am Vöcklabrucker Stadtturm erinnern an meine selige Maria, für mich ist der Turm „dedicated to the one I loved“. Aber Maria hin oder her, mir ist da ein kleiner Fehler passiert. Ich habe mein Herz seinerzeit 1519 neben meiner viel zu früh verstorbenen Frau in Brügge bestatten lassen. Und das Herz fehlt mir jetzt bei meinen Ausflügen aus der Gruft sehr. „Du derschnaufst es kaum!“

Die Sache mit dem Holz

Foto: Trevor Roberts Vöcklabruck

Der Kaiser: „Wir hatten am Beginn der Neuzeit als Brennstoff Holz, Holz und wieder Holz. Gut, wir hatten genug Wälder, aber wir wußten schon, das kann haarig werden, wenn wir umschneiden und verbrennen, was geht. Im gelobten Land im Libanon waren ganze Wälder wegen des Schiffsbaus futsch und kamen nie mehr wieder nach.

Meine Mutter, eine Portugiesin, erzählte mir oft die Sage vom Prometheus, der den Göttern das Feuer stahl, um den Menschen zu helfen. Ohne Feuer, wui, da wäre unser Leben noch härter gewesen als es eh schon war. Wie gesagt, Holz z.B. für die modernen Kachelöfen, für die Essenszubereitung, für den Häuserbau war ohne Alternative und durch Feuer problemlos entzündbar. (Dass wir unfreiwillig mit Feuer jede Menge Holzhäuser abgefackelt haben, war Pech). Aber, wie sag ich das aus heutiger Sicht, mehr als 500 Jahre später? Holz bringt nicht genügend Energie auf die Matte, um industriell das menschliche Leben wesentlich zu erleichtern.

Kohle, Erdöl, Strom

Ich erinnere mich noch gut an den Reichstag in Augsburg 1517. Mir ging es damals mit einem sich entwickelnden Darmkrebs gar nicht gut und der Martin Luther hat da seine Thesen und seine Sicht der Dinge vorgetragen. Ablaßhandel und so. Wir haben ihn gewähren lassen anstatt die Reichsacht über ihn zu verhängen. 100 Jahre später ging die europäische Welt im dreißigjährigen Krieg, einem Religionskrieg, unter. Irgendwelche Innovationen am Energiersektor? Kohle, Erdöl, Strom? Fehlanzeige. Und weitere 100 Jahre später? Meine Verwandte Maria Theresia war eher an barocker Prachtentfaltung interssiert als sich um neue Brennstoffe oder gar um industrielle Entwicklung zu kümmern. Danach war französische Revolution und dann Napoleonkriege…Tralala!

Die Dampfmaschine

James Watt, Dampfmaschine. Bild ARD Alpha

Trotzdem: die Welt blieb nicht stehen. In England gab es schon Kohle als Brennstoff und 1769 erfand dort James Watt die Dampfmaschine. Startschuss für eine epochemachende industrielle Entwicklung und Begründung des Britischen Weltreichs, Startschuss aber auch für Umweltverschmutzung der Extraklasse: wer erinnert sich noch an das rauchverhangene „black country“, Birmingham, Wolverhampton und Manchester als Zentren? Und weiter ging’s: 1772 entwickelte in Italien Allesandro Volta die erste Batterie zur Stromlieferung. Und 1858/59 fanden sie in der Lüneburger Heide Erdöl. Tore zu einem scheinbaren Paradies waren offen.

Und wutsch!

Kaiser Maximilian: „Meiner Dynastie flog die durch Feuer angeheizte Entwicklung nur so um die Ohren. Denken Sie an Kaiser Franz Joseph, der auf Basis der Kohle Auto, Strom (!), Stahl, Schlachtschiffe und jede Menge Waffen hatte. Und jede Menge verpestete Luft und wenig blauen Himmel, wenn man sich die gerade erschlossenen Erdölfelder in der Monarchie anschaut. Petroleum war das Objekt der Begierde. Boryslaw in Gallizien. Oh mein Gott! Wie ein Fanal. Damals hatte Prometheus zum ersten Mal heftige Bedenken, ob das dem Zeus gestohlene und den Menschen überbrachte Feuer wirklich eine gute Idee war.

Boryslaw Gallizien. Heute Ukraine

Raus aus dem Feuer, aber wohin?

Der Kaiser: „Innovation? Ich bin da nicht so sattelfest. Die Informationsbeschaffung ist in einer Gruft mega-mühsam. Und Wr. Neustadt ist bei Gott nicht der Nabel der Welt. Solar, Wind, Erdwärme, Wasserkraft sind die modernen Schlagworte zur Stromerzeugung. Zu Atomstrom hab ich keine Meinung, Sie wissen schon, ich lebe größtenteils unter der Erde. Und in punkto Ernährung habe ich gelesen, dass man mit Pilzen sehr, sehr viel Nahrung wird herstellen können, ohne die Welt mit riesigen Rinderherden und deren Methanbomben zu überziehen. Aber mit Beißen bin ich eh ein armer Hund. Viele wissen es, ich hab testamentarisch verfügt, dass mir sämtliche Zähne herausgebrochen werden, bevor man mich ins Grab legt. Bist du gelähmt, welcher Teufel hat mich da geritten? In der VIP-Lounge in Augsburg beim Bundesligakick krieg ich maximal weichen Pudding! Damned!“

The future is certain, give us time to work it out (Talking Heads…“Road to nowhere“)

Talking Heads Rock and Roll Hall of Fame

by maximilian lötsch inspiriert durch Peter Sloterdijk „Die Reue des Prometheus. Von der Gabe des Feuers zur globalen Brandstiftung“


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